Die teure Falle „Restschuldversicherung“: Warum dein Autokredit plötzlich 2.000 € teurer ist
Heute müssen wir über ein Thema reden, das mich regelmäßig auf die Palme bringt. Stellt euch folgende Situation vor:
Ihr habt den perfekten Autokredit gefunden. Der Zins ist okay, die Rate passt. Ihr sitzt beim Bankberater (oder klickt euch durch den Online-Antrag) und plötzlich ploppt dieses Angebot auf:
„Möchten Sie das Rundum-Sorglos-Paket dazu buchen? Sichern Sie sich und Ihre Familie ab!“
Klingt vernünftig, oder? Wer will schon Schulden hinterlassen, wenn man morgen vom Bus überfahren wird oder den Job verliert? Das Ding nennt sich Restschuldversicherung (RSV) oder manchmal „Ratenschutzversicherung“.
Und ich sage es euch ganz direkt: In 90% der Fälle ist das pure Geldverbrennung.
Warum Banken euch das Ding so aggressiv andrehen wollen und warum es den günstigen Zins oft komplett zerstört, erkläre ich euch jetzt mal ganz genau.
Was ist das überhaupt?
Die Idee ist simpel: Die Versicherung springt ein und zahlt deine Kreditraten weiter, wenn:
- Du stirbst (Todesfallschutz).
- Du arbeitsunfähig krank wirst.
- Du arbeitslos wirst (oft optional und teuer).
Auf dem Papier ist das eine tolle Sache. Sicherheit ist uns Deutschen ja heilig. Aber der Teufel steckt wie immer im Preis und im Kleingedruckten.
Der Trick mit den Kosten (Vorsicht, Mathe!)
Das Gemeine an der RSV ist, wie sie bezahlt wird. Es ist meistens keine monatliche Extra-Zahlung wie bei deiner Haftpflicht.
Nein, die Bank schlägt die kompletten Kosten für die Versicherung direkt am Anfang auf deine Kreditsumme drauf.
Das hat zwei fatale Folgen:
- Deine Kreditsumme steigt massiv an.
- Du zahlst Zinsen auf die Versicherungskosten!
Du leihst dir also Geld von der Bank, um der Bank eine Versicherung abzukaufen. Klingt absurd? Ist es auch.
Ein Rechenbeispiel, das weh tut
Lass uns mal einen typischen Gebrauchtwagen-Kredit anschauen.
Du willst 15.000 € aufnehmen für 60 Monate (5 Jahre). Der Zins ist 4,99 %.
| Szenario | Kreditsumme (Auszahlung) | Kosten der RSV | Zu finanzierender Betrag | Monatliche Rate | Gesamtkosten (Zinsen + RSV) |
| Ohne Versicherung | 15.000 € | 0 € | 15.000 € | 283 € | 1.980 € |
| Mit Versicherung | 15.000 € | ca. 1.800 € | 16.800 € | 317 € | 4.020 € |
Habt ihr das gesehen?
Die Versicherung kostet auf dem Papier vielleicht 1.800 €. Aber weil ihr darauf auch noch Zinsen zahlt, sind die tatsächlichen Mehrkosten über 2.000 €!
Der vermeintlich günstige Zins von 4,99% wird durch die Versicherungskosten effektiv zu einem Zins von fast 10% oder mehr. Aber das steht nirgendwo so fett gedruckt.
Das Kleingedruckte: Wann die Versicherung NICHT zahlt
„Aber Alex“, höre ich euch sagen, „wenn ich arbeitslos werde, bin ich doch froh, wenn die zahlen!“
Ja, wenn sie zahlen.
Ich habe mir mal die AGBs von ein paar großen Anbietern durchgelesen (macht das mal an einem verregneten Sonntag, ist besser als jeder Krimi). Die Ausschlussklauseln sind der Hammer:
- Wartezeiten: Oft greift der Schutz erst nach 6 Monaten. Wirst du im 3. Monat arbeitslos? Pech gehabt.
- Vorerkrankungen: Du hattest vor 5 Jahren mal Rückenprobleme und bist jetzt wegen Bandscheibe krankgeschrieben? Die Versicherung sagt: „Bekannte Vorerkrankung, wir zahlen nicht.“
- Befristung: Die Arbeitslosigkeit wird oft nur für 12 Monate übernommen. Danach stehst du wieder alleine da.
Der „Koppelungs“-Mythos
Viele Verkäufer im Autohaus oder Bankberater tun so, als ob der Kredit nur genehmigt wird, wenn man die Versicherung dazu nimmt.
Sie sagen Sätze wie: „Das verbessert ihr Scoring“ oder „Dann sieht die Bank, dass Sie verantwortungsvoll sind.“
Das ist – sorry für die Wortwahl – Bullshit.
Eine Koppelung von Kredit und Versicherung ist gesetzlich zwar erlaubt, aber dann müsste die Bank die Kosten der Versicherung in den effektiven Jahreszins einrechnen. Dann würde da plötzlich stehen: „Effektiver Jahreszins: 12,5%“.
Das will keine Bank, weil es im Vergleich scheiße aussieht.
Deshalb ist die Versicherung fast immer freiwillig. Lasst euch nichts anderes einreden! Wenn eure Bonität für den Kredit ohne Versicherung nicht reicht, reicht sie meistens auch mit Versicherung nicht.
Wann macht eine RSV Sinn? (Gibt es Ausnahmen?)
Ich will fair bleiben. Es gibt Situationen, da kann man drüber nachdenken.
Wenn du der alleinige Ernährer einer vierköpfigen Familie bist, keine Risikolebensversicherung hast und absolut null Ersparnisse besitzt… dann könnte der Todesfallschutz Sinn machen.
Aber: Eine separate Risikolebensversicherung (die zahlt, wenn du stirbst) kostet dich oft nur 5-10 Euro im Monat. Das ist viel billiger als die Kombi-Pakete der Banken.
Auch eine gute Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) ist tausendmal wichtiger als dieser Kreditschutz. Checkt lieber, ob ihr da gut aufgestellt seid.
Notfall-Tipp: Was, wenn ich das Ding schon unterschrieben habe?
Vielleicht liest du das hier und denkst: „Verdammt, ich habe das letzte Woche unterschrieben!“
Keine Panik.
- Widerrufsrecht: Du kannst die Versicherung (meistens separat vom Kredit) innerhalb von 30 Tagen (manchmal 14 Tagen) widerrufen. Ohne Gründe. Einfach Brief schreiben.
- Kündigung: Auch bei laufenden Krediten kannst du die Restschuldversicherung oft jederzeit kündigen (Sonderkündigungsrecht). Du bekommst dann den nicht verbrauchten Teil der Prämie zurückerstattet. Das Geld wird dann meistens direkt zur Tilgung des Kredits genutzt. Der Kredit ist also schneller weg.
Lasst die Finger davon
Wenn euch der Autoverkäufer oder die Bankseite fragt: „Sicherheit dazu buchen?“, klickt auf NEIN.
Investiert das gesparte Geld lieber in eine ordentliche Tilgung oder legt euch einen Notgroschen auf ein Tagesgeldkonto. Da habt ihr mehr von.
Der Autokredit soll euch mobil machen, nicht arm.
Wie ist das bei euch? Haben euch Berater auch schon mal bedrängt, diese Versicherung abzuschließen? Oder habt ihr sie vielleicht sogar mal gebraucht und ich tue ihr Unrecht? Schreibt mir eure Storys in die Kommentare!